Ziemlich genau so bin ich hier gelandet.
Als ich diesen Satz sagte, dachte ich eigentlich an eine schöne Stadt.
Verwinkelte Gassen, stylische Läden, tolle Kneipen, netter Park,
interessante Menschen und eine Fülle an Arbeitsplätzen, aus denen ich
mir einen tollen neuen Job aussuchen kann.
So war das ja dann nun nicht. Er hat sich einen Ort ausgesucht um seinen
Traum zu verwirklichen und wie angekündigt, hab ich gekündigt. Meinen
unbefristeten Job, meine traumhafte Jugendstil-Wohnung in der
wunderhübschen Altstadt, habe eine große Abschiedsfeier für meinen
großen Freundeskreis gefeiert und los ging es.
In eine Kleinstadt. Voller Beton. Überall. Kein Stil, kein Grün, keine Kneipenkultur, kein Job.
Von der Uniklinik in ein Feld-Wald-Wiesen Krankenhaus. In meinem Bereich
eine der wirklich Guten gewesen und jetzt massiv überfordert. Von den
Kollegen, dem Fachbereich, den internen (nicht vorhandenen) Strukturen,
aber eben vor allem von den Kollegen.
Die schöne Vorstellung, über den neuen Job sicher Anschluss in der neuen
Stadt zu finden war innerhalb von 2 Schichten begraben. Ich fand
ausnahmslos alle doof. Praktischerweise hab ich mir am 2. Arbeitstag,
durch einen dummen Unfall mit einer netten Patientin, das Knie
gebrochen, musste operiert werden und war 10 Wochen außer Gefecht.
10 Wochen lang nur die neue Wohnung, bewegen konnte ich mich mit diesen
verflixten Krücken nicht besonders, und ich. 9 Stunden am Tag allein
daheim. Genug Zeit, mich über das immer wieder auf der Spülmaschine
geparkte Geschirr meines Freunds und andere Kleinigkeiten unendlich
aufzuregen.
Vor dem großen Umzug waren wir genau 6 Monate ein Paar. Ein Paar mit
getrennten Wohnungen. Die Anfangszeit in der neuen, untollen Stadt mit
erst blödem Job und dann mit blödem Knie war wirklich eine
Herausforderung der Königsklasse. Und ich musste mir nicht selten vor
Augen halten, dass es meine eigene Entscheidung war mit ihm mit zu
gehen, um ihm nicht bittere Vorwürfe für mein einsames Leben zu machen.
Das war ich nämlich. Einsam. Furchtbar schrecklich einsam. Das Leben
meiner alten Freunde ging weiter, keiner hatte dauernd zeit sich um mich
und meinen Kummer zu kümmern. Durch die Verletzung am Knie hab ich auch
nichts erlebt. Hatte nichts zu erzählen. Gut, ich konnte das Internet
auswendig, aber dafür hat sich keiner interessiert. Nicht mal ich
selbst. Durch die Einsamkeit kam die Traurigkeit und schon war ich drin
im Teufelskreis. Keine Kraft um was zu erleben, schlechtes Gewissen,
Selbstvorwürfe nichts erlebt zu haben, nichts unternommen zu haben um
was an der Situation zu verbessern und dadurch wieder die Traurigkeit
und die Lähmung…
Wie mein Partner und ich diese Anfangszeit überstanden haben, weiß ich
ehrlich gesagt bis heute nicht. Einerseits haben wir uns zerfleischt,
waren eklig zueinander, sind uns gegenseitig auf die Nerven gegangen,
aber andererseits war da dieser Wille auf beiden Seiten nicht zu
scheitern. Wir wollten es einfach schaffen. Miteinander. Keiner wollte
sich eingestehen versagt zu haben. Gesund war das nicht, gut ging es
keinem. Aber irgendwie haben wir es doch überlebt. Gemeinsam.
Das Bein wurde wieder heile und somit “durfte” ich zurück in dieses
ungeliebte Kleinstadtkrankenhaus. eine Art Alltag stellte sich ein. Kein
zufriedener und nahezu ohne soziale Kontakte außerhalb der ungeliebten
Arbeitskollegen. Jede freie Möglichkeit nutzen wir um in die alte Stadt,
zu den alten Freunden zu fahren. Die Zeit mit ihnen zu genießen um dann
in unser tristes Leben in der doofen Betonwüste zurück zu kehren.
Und dann wurde ich schwanger und unser eigentliches gemeinsames Leben, ab vom Überleben begann.
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