Montag, 1. Februar 2016

“Egal wo du hin ziehst, ich komm mit”

Ziemlich genau so bin ich hier gelandet.

Als ich diesen Satz sagte, dachte ich eigentlich an eine schöne Stadt. Verwinkelte Gassen, stylische Läden, tolle Kneipen, netter Park, interessante Menschen und eine Fülle an Arbeitsplätzen, aus denen ich mir einen tollen neuen Job aussuchen kann.
So war das ja dann nun nicht. Er hat sich einen Ort ausgesucht um seinen Traum zu verwirklichen und wie angekündigt, hab ich gekündigt. Meinen unbefristeten Job, meine traumhafte Jugendstil-Wohnung in der wunderhübschen Altstadt, habe eine große Abschiedsfeier für meinen großen Freundeskreis gefeiert und los ging es.
In eine Kleinstadt. Voller Beton. Überall. Kein Stil, kein Grün, keine Kneipenkultur, kein Job.
Von der Uniklinik in ein Feld-Wald-Wiesen Krankenhaus. In meinem Bereich eine der wirklich Guten gewesen und jetzt massiv überfordert. Von den Kollegen, dem Fachbereich, den internen (nicht vorhandenen) Strukturen, aber eben vor allem von den Kollegen.
Die schöne Vorstellung, über den neuen Job sicher Anschluss in der neuen Stadt zu finden war innerhalb von 2 Schichten begraben. Ich fand ausnahmslos alle doof. Praktischerweise hab ich mir am 2. Arbeitstag, durch einen dummen Unfall mit einer netten Patientin, das Knie gebrochen, musste operiert werden und war 10 Wochen außer Gefecht.
10 Wochen lang nur die neue Wohnung, bewegen konnte ich mich mit diesen verflixten Krücken nicht besonders, und ich. 9 Stunden am Tag allein daheim. Genug Zeit, mich über das immer wieder auf der Spülmaschine geparkte Geschirr meines Freunds und andere Kleinigkeiten unendlich aufzuregen.
Vor dem großen Umzug waren wir genau 6 Monate ein Paar. Ein Paar mit getrennten Wohnungen. Die Anfangszeit in der neuen, untollen Stadt mit erst blödem Job und dann mit blödem Knie war wirklich eine Herausforderung der Königsklasse. Und ich musste mir nicht selten vor Augen halten, dass es meine eigene Entscheidung war mit ihm mit zu gehen, um ihm nicht bittere Vorwürfe für mein einsames Leben zu machen.
Das war ich nämlich. Einsam. Furchtbar schrecklich einsam. Das Leben meiner alten Freunde ging weiter, keiner hatte dauernd zeit sich um mich und meinen Kummer zu kümmern. Durch die Verletzung am Knie hab ich auch nichts erlebt. Hatte nichts zu erzählen. Gut, ich konnte das Internet auswendig, aber dafür hat sich keiner interessiert. Nicht mal ich selbst. Durch die Einsamkeit kam die Traurigkeit und schon war ich drin im Teufelskreis. Keine Kraft um was zu erleben, schlechtes Gewissen, Selbstvorwürfe nichts erlebt zu haben, nichts unternommen zu haben um was an der Situation zu verbessern und dadurch wieder die Traurigkeit und die Lähmung…
Wie mein Partner und ich diese Anfangszeit überstanden haben, weiß ich ehrlich gesagt bis heute nicht. Einerseits haben wir uns zerfleischt, waren eklig zueinander, sind uns gegenseitig auf die Nerven gegangen, aber andererseits war da dieser Wille auf beiden Seiten nicht zu scheitern. Wir wollten es einfach schaffen. Miteinander. Keiner wollte sich eingestehen versagt zu haben. Gesund war das nicht, gut ging es keinem. Aber irgendwie haben wir es doch überlebt. Gemeinsam.
Das Bein wurde wieder heile und somit “durfte” ich zurück in dieses ungeliebte Kleinstadtkrankenhaus. eine Art Alltag stellte sich ein. Kein zufriedener und nahezu ohne soziale Kontakte außerhalb der ungeliebten Arbeitskollegen. Jede freie Möglichkeit nutzen wir um in die alte Stadt, zu den alten Freunden zu fahren. Die Zeit mit ihnen zu genießen um dann in unser tristes Leben in der doofen Betonwüste zurück zu kehren.
Und dann wurde ich schwanger und unser eigentliches gemeinsames Leben, ab vom Überleben begann.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen